Mittwoch, 12. Juli 2006

Gebären ohne Aberglaube

Mein Bericht über das Buch von Michael Odent stiess leider auch auf Reaktionen, die ich nicht so gewollt hatte. Einer Freundin von mir ging es einige Tage nicht gut, sie hat ihr Kind in einer Uniklinik mit einer PDA entbunden und wusste nicht, ob sie sich nun als Feigling fühlen sollte. Es tut mir wirklich leid, dass solche Gefühle entstanden sind.

Ich wollte lediglich mein Bedauern ausdrücken, dass es Frauen in der heutigen Zeit schwer gemacht wird, ein "natürliches Empfinden" während der Schwangerschaft und unter der Geburt zu entwickeln. Meine Freundin hatte alles andere als eine schöne Schwangerschaft, sie hat sich krank gefühlt die ganze Zeit. Die Geburt war ihrem Bericht nach okay, die PDA kam recht früh, jedoch stellte sich dann die Diagnose Präeklampsie. Sie musste behandelt werden. Zusätzlich bekam das Neugeborene eine so starke Gelbsucht, dass es einige Tage allein im Krankenhaus bleiben musste!

Was für ein Start! Das Stillen kam nicht richtig in Gang, die Kleine litt unter starken Kolliken die ersten Wochen und was für Sorgen und Ängste wohl meine Freundin ausgestanden haben musste.

Ich bin froh und unendlich dankbar, dass ich schon in meiner Schwangerschaft sehr von meiner Hebamme gestärkt wurde und ich die gesamte Zeit als wunderbar empfunden habe. Vor allem die Geburt, das Wochenbett und meine Rolle als Frau und Mutter machen mich sehr stolz. Ich habe geboren und es war toll!!! Wer kann das schon behaupten?

Hierzu fand ich folgendes Buch, welches ich mir bei Gelegenheit zulegen werden:

Gebären ohne Aberglaube. Fibel und Plädoyer für die Hebammenkunst (Broschiert)
von Alfred Rockenschaub

In den letzten Jahren ist die durchschnittliche Kaiserschnittfrequenz in der BRD und Österreich auf über 20% gestiegen, nicht zuletzt infolge der vielfach nach Gutdünken und Laune eingeleiteten und daher sich hinziehenden Geburten. Zur Zeit bringen in der BRD und Österreich nicht viel mehr als 5% der Frauen ihre Kinder ohne eine der obskuren geburtsmedizinische Prozeduren zur Welt, obwohl bei den gegebenen sozialen und hygienischen Verhältnissen zumindest 95% spontan und autonom gebären könnten und in höchstens 5% geburtsmedizinische Maßnahmen vonnöten wären. Was 90% der Frauen als medizinische Erleichterung vorgegaukelt wird, ist nicht nur als überflüssig, sondern auch als prekär und schädlich zu betrachten.

Die Geburtshilfe stellt zur Zeit für viele ein Dilemma dar. Da steht auf der einen Seite das geburtsmedizinische Establishment mit seiner Technologie, auf der anderen Seite die alternative Szene mit ihrem Psychologismus. Die charakteristischen Slogans sind "sanfte Geburt" hier und "programmierte Geburt" dort. In Wirklichkeit ist aber das Gebären weder sanft noch programmierbar.

Die Fibel bietet neben den Leitlinien der Geburtshilfe eine kritische Darstellung vieler derzeit gängiger Praktiken. Sie soll als Leitfaden zum kritischen Erlernen und Lehren der Geburtshilfe dienen. Vermittelt wird das biologische Verständnis und das Gefühl für eine verantwortungsvolle und zeitgemäße Geburtshilfe.
baerin - 13. Jul, 00:37

Ahhh, danke...

...für diesen Beitrag, Deine Einstellung.
Kann ich voll unterschreiben.
Und es sind echt nur 5% aller Geburten, die ohne "Hilfe" auskommen? Krass. Ich krieg ja immer schon die Krise, wenn bei Gyns am Praxisschild "Geburtshilfe" steht.
Möcht mal wissen, wie viel Erfahrung die im Durschnitt wohl so haben - und wie viele von denen nur den üblichen Quatsch im Kopf haben - und die Geschichte Deiner Freundin ist ja typisch für diese Form der "Geburtshilfe".
Hier wird sie geholfen...
LG BärenSchwester

lisbeths mama - 13. Jul, 11:38

Ergänzung

Liebe Line,

zu deinem ersten Absatz möchte ich kurz ergänzen:
Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt als Feigling gefühlt, sondern fühlte mich, ganz im Gegenteil, bei meiner Hebamme und meinem Mann wunderbar aufgehoben und habe die Geburt unserer Kleinen die ganze Zeit über, trotz der unvorhersehbaren Ereignisse, sehr genossen und mich auf die Ankunft von Lisbeth so sehr gefreut (obwohl sie es mit Ihren 36 Wochen sehr eilig hatte und ich gar keine richtige Zeit hatte, mich auf die Wehen einzustellen, da sie ja von einem Moment auf den anderen schon alle 3 min kamen).

Unsere Sabine war uns eine tolle Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung und hatte mir schon im Vorfeld Ängste und Unsicherheiten durch die vielen Gespräche genommen, so dass wir ganz ruhig in die Geburt gehen konnten, zumal wir ja wußten, dass alles Mögliche für uns getan werden wird.

Nun, wie du weißt, komme ich ja aus dem schulmedizinischen Umfeld und finde es einen Segen, dass es heute Möglichkeiten gibt, wenn es denn die Frau möchte, ihr Erleichterung in welcher Form auch immer, zu gewähren.
Ich kenne einige Frauen, die sich aus Angst vor einer Spritze nicht zur Schmerzerleichterung entschlossen haben. Nun habe ich keine Angst vor Spritzen und das hat die Entscheidung sicherlich auch leichter gemacht. Ich würde nie auf die Idee kommen, mich nun weniger als Mutter oder Frau zu fühlen, nur weil ich eine Schmerzspritze hatte. Die Geburt unseres Wunschkindes empfand ich als prägendes wundervolles Ereignis und hat mich und auch meinen Mann unendlich stolz gemacht.

Ich denke, einige unserer Mütter und Großmütter wären froh, wenn sie damals hätten wählen können.
Für die Zukunft sehe ich persönlich eine große Chance in der Kombination von naturheilkundlichen und schulmedizinischen Methoden.(ich meine damit nicht nur die Geburtsmedizin sondern allgemein das Gesundheitswesen)

Liebe Line, ich danke dir, dass du nach unserem Gespräch neulich, dir nochmal soviel Mühe gemacht hast und die Gedanken dazu niedergeschrieben hast.
Wie du siehst, konnte ich nicht verhindern, dass ich nochmal meinen Senf dazugeben musste.

Vielleicht helfen dir meine Gedanken auch auf deinem Weg zu deinem Traumberuf? Du wirst ja dann, wenn es soweit ist, die unterschiedlichsten Frauen mit den verschiedensten Vorstellungen und Ängsten betreuen. Ich wünsche dir jedenfalls ganz viel Glück auf deinem Weg.(Kennst Xavier Naidoo "Dieser Weg wird kein leichter sein..."?)

Deine Freundin M.

Sianna_Nebelmond - 14. Jul, 04:07

Hallo Alchemilla,
Michael Odent lese ich auch gerade - und zwar mit wachsender Begeisterung! Allerdings hatte ich nun ja auch eine wirklich wunderbare Geburt, die ich sehr genossen habe und an die ich sooooo gerne zurückdenke. Direkt im Anschluss an die Geburt war mein Kommentar "OK, ich freu mich schon jetzt auf's nächste!" ;-) Wobei es da ja auch ganz anders aussehen könnte, denn jede SchwaScha und jedes Kind sind individuell. Doch ich denke, daß ich in jedem Fall wieder mit meinem positiven Körpergefühl an die "Sache" rangehen werde - und alles Weitere wird sich zeigen!

Zu Deiner Freundin: das ist natürlich wirklich nicht schön, zumal sie wohl auch schon keine so schöne Schwangerschaft hatte :-(
Wieso wurde sie denn von ihrer Kleinen getrennt, als diese wegen der Neugeborenen-Gelbsucht im KH war??? Jan hatte ja nun auch leider einen sehr starken Ikterus und sein Bili-Wert war nachher bei 19,2. Daraufhin wurde uns ja auch empfohlen, doch lieber stationär im KH zu bleiben. Allerdings war sofort klar, daß ich in jedem Fall bei ihm bleibe und wir haben auch direkt ein Mutter-Kind-Zimmer bekommen. Selbstverständlich habe ich auch weiter gestillt - das bedurfte zwar einiger Diskussionen, da sie im KH ja immer recht schnell in Sachen Zufüttern sind... Aber nachdem die "Fronten" geklärt waren, gab es null Probleme und ich kann sogar sagen, daß ich die 2,5 Tage im KH genossen habe.
Ich hoffe, daß sich im Nachhinein bei Deiner Freundin und ihrer Tochter dann doch noch alles zum Guten gewandelt hat!

Deinen Worten ("Ich bin froh und unendlich dankbar, dass ich schon in meiner Schwangerschaft sehr von meiner Hebamme gestärkt wurde und ich die gesamte Zeit als wunderbar empfunden habe. Vor allem die Geburt, das Wochenbett und meine Rolle als Frau und Mutter machen mich sehr stolz. Ich habe geboren und es war toll!!! Wer kann das schon behaupten?") kann ich mich voll anschließen - und ja, genau das kann ich auch behaupten!

Liebe Grüße,
Sianna

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